Zimmernamen
Martin Luther King
* 1929 – † 1968
Der baptistische Pfarrer wurde zur Symbolfigur der Befreiung aller Afroamerikaner in Amerika. Als Pfarrerssohn in Atlanta geboren, erlitt er selbst den diskriminierenden Umgang im Alltag. Wie schon sein Vater, trug er den Namen des Reformators und setzte seine Kraft, die ihm aus dem Evangelium zukam, für die Befreiungsbewegung ein. Als Pastor in Montgomery und Atlanta rief er zum gewaltfreien Widerstand auf. Mehrfach verhaftet und bedroht, wurde er am 4. April 1968 bei einem Streik in Memphis von einem Rassisten erschossen. 1964 erhielt er den Friedensnobelpreis dafür, dass sein Traum begann, Wirklichkeit zu werden.
„Ich habe einen Traum, dass eines Tages die Söhne ehemaliger Sklaven und die Söhne ehemaliger Sklavenhalter am Tisch der Brüderlichkeit sitzen werden. Ich habe den Traum, dass meine vier Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, wo man sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Charakter beurteilt.“
(aus: „I have a dream“, Rede beim Marsch nach Washington am 28. August 1963)
Friedrich von Bodelschwingh
* 1831 – † 1910
Der Gründer einer großen diakonischen Anstalt stammte aus westfälischem Landadel und wuchs in Berlin auf. Zum Gutsherrn bestimmt, hörte er bei einem Missionsfest seine Berufung und nahm 1854 das Theologiestudium auf. 1872 zog Bodelschwingh nach Bethel bei Bielefeld. Aus zwei Heimen für Epileptiker wuchs eine diakonische Stadt mit über 7000 Menschen. Alle Gebäude trugen biblische Namen.
Bodelschwingh begründete die Arbeitstherapie für Menschen mit Behinderungen. Um eine soziale Gesellschaft zu gestalten und für die Benachteiligten einzutreten, begab er sich in die Politik. Die eigenen vier Kinder wurden den Eheleuten Bodelschwingh 1869 durch die Diphterie genommen, viele wurden ihnen an deren Stelle anvertraut.
„Es ist nicht wahr, dass die Ewigkeitshoffnung die Christen zu Träumern und Phantasten macht. Im Gegenteil – je entschlossener wir auf die neue Welt warten, desto praktischer, nüchterner, schlichter wird sich unser Leben hier gestalten.“
Dietrich Bonhoeffer
* 1906 – † 1945
Der Theologe und spätere Widerstandskämpfer wurde in Breslau geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Seine väterlichen Vorfahren stammten aus Schwäbisch Hall und sein Theologiestudium führte ihn auch nach Tübingen.
Ab 1935 leitete er das Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde, wo nach seinem Entwurf „Gemeinsames Leben“ gestaltet wurde. Der Theologe verband systematisches Denken, tiefe Frömmigkeit und Leben in der Nachfolge. 1943 wegen seiner Zugehörigkeit zum Widerstand verhaftet, wurde Dietrich Bonhoeffer am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet. Er hinterließ ein großes theologisches Werk und auch Briefe, Gedichte und Lieder.
„Es ist nicht unsere Sache, den Tag vorauszusagen — aber der Tag wird kommen — an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, dass sich die Welt darunter verändert und erneuert. Es wird eine neue Sprache sein, vielleicht ganz unreligiös, aber befreiend und erlösend, wie die Sprache Jesu …“
(aus: Gedanken zum Tauftag von Dietrich Wilhelm Rüdiger Bethge, Brief aus der Haft, Mai 1944)
Johann Christoph Blumhardt
* 1805 – † 1880
Der in Stuttgart geborene Theologe wurde nach seinem Theologiestudium in Tübingen 1830 Lehrer am Missionshaus in Basel. Geprägt von der Erweckungsbewegung, prägte er ihr den weiten Horizont der Reich-Gottes-Hoffnung ein, die sein Sohn Johann Christoph Blumhardt d. J. (1842 — 1919), ein Uracher Seminarist, auch in ihre politische Dimension übersetzte.
1838 wurde Vater Blumhardt Pfarrer in Möttlingen bei Calw, wo die Heilung der Magd Gottliebin Dittus zu einer Erweckung führte. 1852 übernahm er als Ort der Seelsorge und Heilung das Kurhaus von Bad Boll. Christen sah er als Protestleute gegen den Tod.
„Das ist’s, was den Leuten gefällt. Sie wissen oft nicht, (…) warum sie so gerne hier sind — ob die Luft so gut sei, oder die Stuben so behaglich, oder das Essen so gut, oder das gemeinsame Zusammenleben … Ich will es euch heute sagen: es ist ein Ewigkeitsdach über unserem Hause.“
(Blumhardt in der Morgenandacht am 16. 7. 1886, seinem 81. Geburtstag, im und über das Kurhaus in Bad Boll)
Gustav Werner
* 1809 – † 1887
Der Theologe, Wegbereiter der Diakonie und soziale Unternehmer begann seine Tätigkeit als Vikar in Walddorfhäslach, wo er in einer Kleinkinderschule arme Kinder sammelte. Die Kirchenleitung verwehrte ihm die Übernahme ins Pfarramt, weil er Gemeindegrenzen nicht respektierte und theologisch eigene Wege ging.
Da gründete er in Reutlingen das spätere Bruderhaus. Menschen mit Behinderungen fanden dort Heimat und in den Betrieben, wie der Maschinenfabrik oder der Papierfabrik im Ermstal, zugleich Beschäftigung. Eine gute Ausbildung bekam auch das Waisenkind Wilhelm Maybach und lernte im Bruderhaus den Berufschullehrer Gottlieb Daimler kennen – ein Zusammentreffen, das internationale Automobilgeschichte schrieb.
Die „Gustav Werner Stiftung zum Bruderhaus“ lebt heute in der „Bruderhaus Diakonie“ weiter.
„Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert.“
Johann Hinrich Wichern
* 1808 – † 1881
Der Theologe und Begründer der „Inneren Mission“ wurde in Hamburg geboren. Unterstützt von vielen, konnte er als Halbwaise studieren und ab 1833 im „Rauhen Haus“ bei Hamburg hilfsbedürftige Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen aufnehmen. Sie lebten dort nach dem Familienprinzip und arbeiteten in eigenen Werkstätten.
Wichern begründete die Ausbildung zum Diakon. Weitere Einrichtungen verbreiteten sich nach seinem Vorbild. Mit einer flammenden Rede beim Kirchentag 1848 inspirierte er die Kirche zu Werken der „Inneren Mission“. Der Brauch des Adventskranzes geht auf seine Idee zurück.
„Mein Kind, dir ist alles vergeben. Sieh um dich her, in was für ein Haus du aufgenommen bist. Hier ist keine Mauer, kein Graben, kein Riegel, nur mit einer schweren Kette binden wir dich hier, du magst wollen oder nicht, du magst sie zerreißen, wenn du kannst, diese heißt Liebe und ihr Maß ist Geduld.“
aus dem Aufnahmeritual im Rauhen Haus Hamburg
Søren Kierkegaard
* 1813 – † 1855
Der Religionsphilosoph stammte aus der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Nach einer Lebenskrise legte er erst 1840 das theologische Examen ab. Er ging nicht ins Pfarramt, sondern blieb Privatgelehrter. Sein tiefgründiges, umfangreiches literarisches Werk entstand zum großen Teil in Berlin.
Der Mensch versteht nach Kierkegaard seine Existenz und Unzulänglichkeit allein im Gegenüber zu Gott, der in Christus in die Zeit gekommen ist. In seinen „Reden“ verbreitete Kierkegaard seine Entdeckungen des Unsagbaren. Einen oberflächlichen Glauben und die laue Amtskirche kritisierte er scharf. Mit nur 42 Jahren gestorben, geben seine Gedanken noch immer viel zu denken.
„Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Und zuletzt wurde ich ganz still.“
Ludwig Hofacker
* 1798 – † 1828
Dem großen Prediger des württembergischen Pietismus war nur eine kurze, aber intensive Lebenszeit bestimmt. Als Pfarrerssohn in Wildbad geboren, stellte er nach schwerer Krankheit 1820 sein Leben in den Dienst Jesu. Er wurde Pfarrer in Stetten im Remstal und an der Leonhardskirche in Stuttgart. 1826 übernahm er die Pfarrstelle in Rielingshausen bei Marbach.
Seine sprachliche Begabung und geistliche Tiefe zog viele Menschen unter seine Kanzeln, obwohl er ernste Entscheidung und sittliche Strenge verlangte. Dabei wollte er nicht zu sich, sondern zu Christus rufen. Er sah sich darin in der Rolle Johannes des Täufers:
„Die Leute machen viel aus mir und ich gefalle mir nicht selten darin; es gibt aber keine größere Sünde für einen Prediger als die Selbstgefälligkeit. Ich muss abnehmen, Christus aber muss zunehmen. (…) Es ist schade um die vielen Worte, die man auf den Kanzeln macht, die nicht auf Ihn gehen.“
Gabriel Biel
* um 1413 – † 1495
Der herausragende Propst des Stifts der Brüder vom gemeinsamen Leben in Urach stammte aus Speyer. Er studierte in Heidelberg, Erfurt und Köln und wurde Domprediger in Mainz. 1468 trat Biel den Brüdern vom gemeinsamen Leben in Marienthal bei Mainz bei. Als Propst im Brüderhaus in Butzbach/Hessen berief ihn Graf Eberhard im Bart 1478 ins Stift nach Urach. Von hier aus lehrte Biel als Professor der Theologie in Tübingen.
Als letzter großer Scholastiker, geprägt von William Ockham, verfasste er einen Kommentar zu den wichtigsten Glaubensaussagen und ein Werk zur Messe, das auch Luther beschäftigte. 1492 wurde er Propst des Brüderstifts St. Peter auf dem Einsiedel im Schönbuch. Dort ist Gabriel Biel auch begraben.
„Dilectio Dei super omnia.“
„Die Hochachtung Gottes steht über allem.“
Barbara Gonzaga
* 1455 – † 1503
Die Gemahlin Graf Eberhards stammte aus einer bedeutenden italienischen Fürstenfamilie mit Sitz in Mantua in der Po-Ebene. 1474 fanden die prunkvolle Hochzeit und ihr Einzug ins Uracher Schloss statt. Die gebildete Fürstin brachte Ideen und Formen der italienischen Renaissance ins Land mit und setzte sich für Bildung und Fürsorge ein.
Dass ihr einziges Kind früh verstarb, belastete sie ebenso wie das Leben in der Fremde. Die Witwenzeit ab 1496 verbrachte sie im Schloss in Böblingen, begraben wurde sie im Dominikanerinnen-Kloster in Kirchheim/Teck. Das Land, in dem sie fremd blieb, verdankt ihr viel.
„Unzufrieden bin ich nicht, doch gibt es zuweilen Kummer, aber wer hat den nicht? Insgesamt ist mein Leben in Urach sehr erträglich (,molto tolerabile‘).“
Aus einem lateinischen Brief aus Urach an ihre Mutter Barbara, eine geborene Markgräfin von Brandenburg-Ansbach, Dezember 1474
Margarete Steiff
* 1847 – † 1909
Die Unternehmerin aus Giengen an der Brenz war mit eineinhalb Jahren an Kinderlähmung erkrankt und saß seitdem im Rollstuhl. Dennoch ging sie zur Schule und erlernte das Handwerk der Näherin. Ein Elefant aus Filz als Nadelkissen wurde das erste „Steiff-Tier“.
1902 entwickelte Margaretes Bruder einen Spielzeug-Bären mit beweglichen Armen und Beinen, der den Namen „Teddy“, nach dem amerikanischen Präsidenten Teddy Roosevelt, erhielt. Die Produktion der Steiff-Tiere mit dem Knopf im Ohr gab in Giengen über 400 Menschen Arbeit in einem modernen, hellen Fabrikgebäude, dazu noch über 1800 Frauen in Heimarbeit. Margarete Steiff meisterte ihr behindertes Leben mit Hilfe ihres Glaubens und wurde zur Hoffnung für viele.
„Für Kinder ist das Beste gerade gut genug.“
Margarete Schneider
* 1904 – † 2002
Die Ehefrau des „Predigers von Buchenwald“ wurde als zehntes Kind der Pfarrfamilie Dieterich in Wildberg geboren. Seit 1926 mit dem rheinischen Pfarrer Paul Schneider verheiratet, stand ihm die Mutter von sechs Kindern in den Gemeinden Hochelheim bei Wetzlar und Dickenschied auf dem Hunsrück in allen Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten und ‚Deutschen Christen’ bei.
Paul Schneider wurde 1939 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet. Ihren gemeinsamen Glauben bezeugte auch Margarete Schneider, als Initiatorin in der Frauenhilfe, Mahnerin für Frieden und Toleranz und Seelsorgerin für viele.
„Durch unser Geschick werden wir in einer heilsamen Unruhe gehalten. Und wenn wir auch unterwegs auf dieser Wanderschaft manche Träne vergossen haben, so überwiegt doch der Dank und die Freude, in seinem Dienst zu stehen.“
Sophie Scholl
* 1921 – † 1943
Die spätere Widerstandskämpferin wurde in Forchtenberg am Kocher geboren. 1932 zog die Familie mit ihren fünf Kindern nach Ulm. Jugendliche Begeisterung nutzte der Nationalsozialismus für seine Zwecke aus.
Ab 1942 studierte Sophie in München Biologie und Philosophie und fand sich mit ihrem Bruder Hans, Freunden und Dozenten zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ zusammen. In insgesamt sechs Flugblättern appellierten sie an die Bildungstradition der Deutschen und an deren Gewissen. Beim Austeilen des sechsten Flugblatts wurde sie mit ihrem Bruder verhaftet. Sie starben durch das Fallbeil am 22. Februar 1943.
Bis heute sind sie für viele Menschen ein Vorbild, das Mut macht, ein waches Gewissen, intensive Freundschaften, kritisches Denken und tiefen Glauben zu leben.
„Ja, das sollte man immer bedenken, wenn man es mit anderen Menschen zu tun hat, dass Gott ihretwegen Mensch geworden ist.“
Tagebuch, 1942
John Wesley
* 1703 – † 1791
Der englische Begründer des „Methodismus“ studierte in Oxford. Als Pfarrer im amerikanischen Georgia lernte er die Herrnhuter und den Halleschen Pietismus kennen. Nach einem Bekehrungserlebnis wurde er Erweckungsprediger in seiner Heimat.
„Meine Pfarrei ist die Welt“, sagte er und hielt über 40 000 Predigten, meist nicht in Kirchen, sondern unter freiem Himmel. Mit seinem Bruder Charles, einem bekannten Liederdichter, begründete er einen Bibelkreis, in dem nach einer festen „Methode“ die Bibel gelesen wurde. Wesley war überzeugt, dass der persönliche Glaube in eine Gemeinschaft eingebunden sein muss. Er setzte sich für die Armen und die Abschaffung der Sklaverei ein. Von England aus entstand auch in Deutschland die methodistische Freikirche.
„Obwohl ich immer in Eile bin, bin ich doch niemals in Hetze, weil ich nur soviel Arbeit auf mich lade, wie ich ruhigen Herzens bewältigen kann.“
Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf
* 1700 – † 1760
Der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine in der Lausitz war als Reichsgraf weit gereist und umfassend gebildet. In ökumenischer Weite und mystischer Tiefe sammelte der Pietist und theologische Autodidakt eine Gemeinde aus Frauen, Männern und Familien in Herrnhut. 1733/34 besuchte er auch Württemberg, wo er viele Anhänger hatte.
Seine täglichen Losungen, 1728 begründet, wurden Christen auf der ganzen Welt bis heute zum Begleiter und Zugang zu Gottes Wort. Ein großes Missionswerk verbreitete Herrnhuter Glaubensformen und Toleranz. Weltweit entstanden herrnhutische Gemeinden, von Amerika bis Tansania. Zinzendorf schuf ein vielfältiges theologisches Werk. Aus seiner „Sing-Bewegung“ klingen noch immer viele Lieder:
„Die Liebe wird uns leiten, den Weg bereiten und mit den Augen deuten auf mancherlei, ob’s etwa Zeit zu Streiten, ob’s Rasttag sei.“
EG 254, 2
Philipp Jakob Spener
* 1635 – † 1705
Der bedeutende Theologe des lutherischen Pietismus wurde im elsässischen Rappoltsweiler geboren und studierte in Straßburg. Dort übernahm er eine Pfarrei und heiratete; den Eheleuten wurden elf Kinder anvertraut.
Ab 1666 Pfarrer in Frankfurt am Main, entwarf er sein Programm zur Erneuerung von Pfarrstand und Kirche, in dessen Mitte das Bibelstudium stand. Er gründete dazu die „collegia“ für Pfarrer, aus denen später die „Stunde“ für alle erwuchs. 1686 wechselte Spener als Oberhofprediger nach Dresden, danach an St. Nicolai nach Berlin. Mehrfach besuchte er auch Württemberg. Seine Programmschrift „Pia Desideria oder Hertzliches Verlangen nach […] Besserung der […] Kirche“ von 1675 gilt als Grundlage für die Reformen des Pietismus.
„Es ist nicht genug, dass dein Ohr das göttliche Wort nur hört, vielmehr dass du solches auch innerlich in dein Herz dringen und solche himmlische Speise da verdauet werden lässt, damit du Saft und Kraft daraus empfängst.“
aus: Pia Desideria, 1675
Huldreich Zwingli
* 1484 – † 1531
Der Reformator von Zürich war zunächst Priester im Kanton Glarus. Eine Begegnung mit Erasmus von Rotterdam in Basel gewann ihn für den Humanismus. 1518 berief ihn der Rat der Stadt Zürich als Pfarrer ans Großmünster. Dort leitete er die Stadtreformation durch Rat und Geistlichkeit an und verfasste eine strenge Zuchtordnung.
Für die biblisch-reformatorische Bildung begründete er die Akademie „Prophezey“. Während der Auseinandersetzungen um das Abendmahl betonte Zwingli beim Marburger Religionsgespräch 1529 die symbolische Bedeutung und die Einheit der Kirche. 1531 ist er in der Schlacht bei Kappel gefallen. Andere führten die reformierte Tradition der Schweiz weiter.
„Jesus ist in einer Futterkrippe geboren, während wir in Daunenfedern schnarchen.“
Matthäus Alber
* 1495 – † 1570
Der Reformator von Reutlingen wurde 1521 Prädikant in seiner Heimatstadt. Dort nahm die Bürgerschaft im Markteid von 1524 die Reformation an. Den für die Reichsstädte typischen evangelischen Prädikantengottesdienst, der auch Vorbild für Württemberg wurde, erkannte Luther als Form neben der Messe an.
Alber übernahm 1543 eine theologische Professur in Tübingen. Danach wurde er Prediger an der Stuttgarter Stiftskirche und Mitglied des Kirchenrats, bevor er ab 1563 als evangelischer Abt die Klosterschule Blaubeuren leitete und den dortigen Hochaltar vor dem Bildersturm bewahrte. Seine lutherische Position in oberdeutschem Gewand prägte die württembergische Landeskirche.
„Es bedarf nur, dass man sich wegen der Larve dieser Welt nicht entsetze, sondern dem Herrn und seinem Wort nichts nachgebe; wollen also vor allen Dingen Christus unserem Heiland unser Tun und Lassen ganz befehlen.“
Franz von Assisi
* 1182 – † 1226
Der Begründer des nach ihm benannten Bettelordens war der Sohn reicher Kaufleute im italienischen Assisi. Er schwelgte in Luxus, bis er das Vorbild Christi erkannte. Fortan predigte und lebte er mit seinen Ordensbrüdern arm und unabhängig von materiellen Werten. Zu diesem Ernst der Nachfolge rief er auch die mächtige Kirche, der er dennoch gehorsam blieb. 1223 erkannte der Papst den Franziskanerorden an. Schon 1228 wurde Franz heilig gesprochen.
Viele Geschichten ranken sich um sein Wirken für die Armen. Seine Worte künden von der Freude an Gottes ganzer Schöpfung. Sein Leben in Askese bezeugte seine Worte und verkündete seinen Herrn.
„Sei gepriesen, denn du, Herr, schufst den Menschen! Sei gepriesen, er ist dein Bild der Liebe! Sei gepriesen für jedes Volk der Erde! Sei gepriesen, denn du bist wunderbar, Herr!“
aus dem „Sonnengesang“, nach dem Lied „Laudato Si“: EG 515, 6
Petrus Waldes
* 1150 – † um 1206
Der Begründer der nach ihm benannten Waldenser-Bewegung war ein wohlhabender Kaufmann aus Lyon. Er gründete eine Laienbewegung, die ihre Habe mit den Armen teilte und zur Buße aufrief. 1180 legten sie zwar ein kirchliches Bekenntnis ab, aber die „Waldenser“ wurden trotzdem als häretisch verurteilt. Gleichwohl sammelten sich Anhänger, vor allem in Südfrankreich und Oberitalien, wo sie verfolgt wurden. Sie schlossen sich der schweizerischen Reformation an.
Weitere Verfolgungen führten zur Flucht, auch nach Württemberg, wo ab 1699 Menschen in den Ämtern Mühlacker und Vaihingen/Enz aufgenommen wurden. Orte mit waldensischen Namen zeugen davon: Perouse, Pinache u.a. Besonders in den Tälern Norditaliens um Torre Pellice, aber auch weltweit lebt noch heute das Zeugnis der evangelischen Waldenser.
„Lux lucet in tenebris“
„Das Licht scheint in der Finsternis“
Johannes Tauler
* 1300 – † 1361
Der tiefgründige Mystiker wurde in Straßburg geboren und studierte als Dominikaner in Köln, wo er von Meister Eckhart inspiriert wurde und Heinrich Seuse begegnete. Er betonte den inneren Menschen, der durch Buße zu Gott umkehrt und seine Nähe erfährt. Zugleich wandte er sich den praktischen Lebensfragen zu.
Aus Kirchengliedern wollte er durch sein Predigen „Gottesfreunde“ machen. Sein Werk prägte sowohl Luther und die Reformation als auch Jakob Böhme und den Pietismus. Auch die Brüder vom gemeinsamen Leben und die mystische Seite ihrer „Devotio moderna“ (modernen Frömmigkeit) hatte Tauler als Lehrer beeinflusst.
„Der Leib soll sein ein Knecht der Seele, die Seele eine Dienerin des Geistes und der Geist ein Anstarren Gottes.“
Martin Luther
* 1483 – † 1546
Der in Eisleben geborene und auch gestorbene Reformator ging vierzehnjährig bei den Brüdern vom gemeinsamen Leben in Magdeburg in die Schule. Ab 1512 versah er eine biblische Professur in Wittenberg.
Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte er seine 95 Thesen für die Buße und gegen den Ablass. Er rang um die Erneuerung der Kirche Jesu Christi. Exkommuniziert und gebannt, wurde er 1522 auf der Wartburg in Schutzhaft genommen, wo er das Neue Testament ins Schriftdeutsche übersetzte. 1525 verheiratete sich der ehemalige Mönch mit der ehemaligen Nonne Katharina von Bora. 1528 erschien sein Katechismus, 1534 die vollständige Ausgabe der Bibel, deren Übersetzung und Auslegung sein ganzes Wirken galt.
Ein Christ ist ein freier Mensch und niemandem untertan — im Glauben.
Ein Christ ist ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan — in der Liebe.
aus: Von der Freiheit eines Christenmenschen, 1520
Johannes Calvin
* 1509 – † 1564
Der Reformator von Genf studierte 1534 nach einem Bekehrungserlebnis evangelische Theologie in Basel. Er verfasste 1536 mit der „Institutio“ eine umfangreiche und detaillierte Glaubenslehre. Nach einem Aufenthalt in Straßburg leitete er ab 1541 die Reformation in Genf. Die Stadt sollte zum Abbild einer christlichen Gemeinschaft werden. Für dieses Ideal erließ er strenge sittliche Regeln.
1559 gründete Calvin die Genfer Akademie, da für ihn Glauben und Bildung zusammengehörten und beides zu verantwortlichem Handeln führt. Von Genf aus verbreitete sich das reformierte Christentum über die ganze Welt.
„Es gibt kein anderes Band kirchlicher Einheit, als wenn der Herr Christus, der uns mit Gott Vater versöhnt hat, uns in die Gemeinschaft seines Leibes aus dieser Aufspaltung wieder sammelt, auf dass wir so durch sein eigenes Wort und einen Geist zu einem Herzen und einer Seele zusammenwachsen möchten.“
aus: Brief an Kardinal Sandolet, Straßburg 1539
Paul Gerhardt
* 1607 – † 1676
In seinen Liedern hat der Pfarrer und Dichter wie kein anderer dem evangelischen Glauben eine Stimme gegeben.
„Geh aus mein Herz“, „Befiehl du deine Wege“, „Ich steh an deiner Krippe hier“ gehören zu seinen großen Liedern, die viele inwendig und auswendig bei sich tragen. Ihn prägte ein schweres Leben, in dem er mit 14 Jahren Waise und mit 61 Jahren Witwer wurde, die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges erfuhr und vier seiner Kinder sterben sah. Als Pfarrer in Berlin ab 1657 traf er mit Kantor Johann Crüger zusammen und setzte seine Glaubenshoffnung in unsterbliche Worte und Töne.
„Ich hang und bleib auch hangen an Christus als ein Glied; Wo mein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit. Er reißet durch den Tod, durch Welt, durch Sünd, durch Not, Er reißet durch die Höll, ich bin stets sein Gesell.“
aus dem Oster-Lied „Auf, auf mein Herz mit Freuden“, EG 112, 6
Johann Albrecht Bengel
* 1687 – † 1752
Der pietistische Theologe und Bibelforscher prägte die württembergische Landeskirche maßgeblich. Von 1713 bis 1748 erzog er als Lehrer an der Klosterschule in Denkendorf Generationen von Pfarrern.
Neben dem Unterricht in den biblischen Sprachen befasste er sich mit neutestamentlicher Textforschung. Das Kleinste sollte wahrgenommen werden, aber als Ganzes zusammen bleiben. Aus der Offenbarung des Johannes gewann er ein barockes Zahlensystem der Heilsgeschichte und berechnete den Anbruch des Tausendjährigen Reiches auf das Jahr 1836. Zum Prälat von Herbrechtingen wurde Bengel 1741 ernannt und danach nach Stuttgart berufen, wo er auch einen Sitz im Landtag hatte. Er beheimatete den Pietismus in seiner Kirche.
„Te totum applica ad textum, rem totam applica ad te.“
„Wende dich ganz dem Text zu, wende das Ganze (ganz) auf dich an.“
Bengels Grundsatz zur Bibelauslegung
Thessalonich
Thessalonich, heute Saloniki, wurde 315 v. Chr. vom mazedonischen König Kassandros gegründet, der sie nach seiner Gemahlin, einer Schwester Alexanders des Großen, Thessalonike nannte. Unter römischer Herrschaft war sie eine freie Stadt an der „Via Egnatia“, der wichtigen Handels- und Heerstraße Nordgriechenlands, die die Adria mit Byzanz verband.
Der Apostel Paulus errichtete hier auf seiner zweiten Missionsreise eine der ersten europäischen Christengemeinden, musste aber wegen eines Aufruhrs mit seinem Begleiter Silas die Stadt überstürzt verlassen.
Im 1. Thessalonicherbrief, dem frühesten Brief, der von Paulus erhalten ist, ermutigt er die Gemeinde mit den Worten:
„Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.“
(1. Thess 5, 16)
Korinth
Das antike Korinth – dank seiner Lage eine Vermittlerin des Verkehrs zwischen und Osten und Westen – war eine der glänzendsten Handelsstädte der alten Welt. 146 v. Chr. von den Römern aus Konkurrenzneid zerstört, lag es über 100 Jahre verödet, wurde aber durch Cäsar wieder besiedelt und gelangte zu neuer Blüte. Entsprechend der ethnischen und religiösen Vielfalt der Bewohner gab es in der Stadt eine Fülle von Tempeln, in denen die unterschiedlichsten Gottheiten verehrt wurden.
In dieser von religiösem Pluralismus und von Lasterhaftigkeit geprägten Stadt entstand durch das Wirken des Apostel Paulus eines der wichtigsten frühchristlichen Zentren (50/51 n. Chr.). Er besuchte die Stadt dreimal und schrieb später zwei Briefe an die Korinther.
„Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte.“
(1. Kor 7, 11)
Ephesus
Ephesus war schon in der Antike eine Weltstadt und gehörte dem ionischen Zwölfstädtebund an. Ihre größte Blüte erlebte die Stadt in der römischen Kaiserzeit als Hauptstadt der Provinz Asia und als bedeutendes Seehandelszentrum im östlichen Mittelmeer. Das religiöse Leben stand ganz im Zeichen der Fruchtbarkeitsgöttin Artemis oder Diana, die in einem prachtvollen Tempel – einem der sieben Weltwunder des Altertums – verehrt wurde.
In dieser großen Hafen- und Handelsstadt, wo Geld, Vergnügungssucht und Okkultismus regierten, war schon früh eine Christengemeinde entstanden. Paulus kam auf seiner zweiten Missionsreise nach Ephesus und wirkte dort drei Jahre (55–58 n. Chr.), obwohl sich heftiger Widerstand gegen ihn regte.
In den Sendschreiben der Offenbarung wird die Gemeinde gelobt für ihre Geduld und für die Last, die sie um Christi willen getragen hat, aber getadelt, weil sie die erste Liebe verlassen hat:
„Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke.“
(Offb 2, 5)
Smyrna
Smyrna, heute Izmir, wurde gegen Ende des 11. Jh. v. Chr. gegründet. Der Name Smyrna ist von der dort wachsenden Myrrhe abgeleitet. Die griechische Kolonie gehörte zum ionischen Städtebund. Im 8. Jh. v. Chr. soll Homer hier die Ilias geschaffen haben. Die Stadt zählte zu den wohlhabendsten und schönsten Kleinasiens.
Die christliche Gemeinde in Smyrna war die zweite der sieben Gemeinden in der römischen Provinz Asien, an die die Sendschreiben gerichtet sind. 155 n. Chr. wurde in Smyrna der 86-jährige Gemeindevorsteher Polykarp als Märtyrer verbrannt.
Als das Schreiben an die Gemeinde gerichtet wurde, litt sie unter Verfolgung und Verleumdung und wird mit den Worten getröstet:
„Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“
(Offb 2, 10)
Philippi
Die mazedonische Stadt wurde 360 v. Chr. von Siedlern der nahe gelegenen Insel Thasos gegründet. 42. v. Chr. fand bei Philippi eine der großen Entscheidungsschlachten der Antike statt, in der Oktavian (später Augustus) und Mark Antonius ihre Rivalen Brutus und Cassius besiegten. Nach der Schlacht wurde Philippi eine Kolonie für römische Veteranen.
Die christliche Gemeinde in Philippi verdankt ihre Entstehung dem Wirken von Paulus, Silas, Timotheus und Lukas im Jahre 49 n. Chr. Als erste Gemeinde auf europäischem Boden ist sie dem Apostel Paulus ans Herz gewachsen. Ihr allein erlaubt er, etwas zu seinem Lebensunterhalt beizutragen. In einem Brief an die Philipper schreibt er:
„Ich bin darin guter Zuversicht, dass, der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird‘s auch vollenden bis an den Tag Jesu Christi.“
(Phil 1, 6)
Pergamon
Der Aufstieg der antiken Stadt Pergamon begann im 3. Jh. v. Chr. unter der Dynastie der Attaliden, als sie zur Hauptstadt eines mächtigen Reiches wurde. Die Stadt war berühmt für ihre große Bibliothek und prachtvollen Tempelkomplexe, die griechischen Göttern (u. a. Äskulap, Zeus, Dionysos) und römischen Kaisern gewidmet waren.
Die christliche Gemeinde von Pergamon wird in der Offenbarung als dritte der sieben Sendschreiben-Gemeinden erwähnt. Sie wird als „da wo der Thron des Satans ist“ beschrieben – vermutlich eine Anspielung auf ihre Rolle als Zentrum des Kaiserkults.
Die Verweigerung der Kaiseranbetung durch die Christen löste unter Kaiser Domitian eine schwere Christenverfolgung aus. Johannes redet daher mit der angefochtenen Gemeinde mild, ermahnt sie aber wegen einiger Irrlehrer:
„Tut Buße; wo aber nicht, werde ich bald über dich kommen und mit ihnen streiten durch das Schwert meines Mundes.“
(Offb 2, 16)
Thyatira
Thyatira, das heutige Akhisar in der Türkei, war in der Antike für seine Textilindustrie und Purpurfärberei bekannt. Die Purpurkrämerin Lydia, die in Philippi durch die Predigt des Paulus bekehrt wurde, stammte aus dieser Stadt. Die Stadt gelangte 129 v. Chr. an Rom und gehörte fortan zur Provinz Asia.
Die christliche Gemeinde in Thyatira ist die Empfängerin des vierten Sendschreibens an die sieben Gemeinden in Asien. Neben dem Lob für die Gemeinde, in ihrem geistlichen Leben nicht ab-, sondern zugenommen zu haben, steht der Tadel: Es gibt in der Gemeinde eine Gruppierung unter der Leitung einer Prophetin, die Teile der Gemeinde zu „Hurerei“ und zum Verzehr von Götzenopferfleisch verführt.
Den Standhaften wird das Wort zugesprochen:
„Was ihr habt, das haltet, bis dass ich komme. Und wer da überwindet, und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden.“
(Offb 2, 25. 26)
Sardes
Die alte lydische Hauptstadt des sprichwörtlich reichen Königs Krösus war nicht nur wegen ihres Wohlstandes, sondern auch wegen ihres Artemis-Heiligtums bekannt. Sie war in den Händen der Perser und Griechen, ehe sie 129 v. Chr. Teil des römischen Weltreiches wurde. In der Stadt standen Mysterienreligionen und heidnische Kulte in Blüte.
Das Christentum fand dort schon früh Eingang. Sardes ist eine der sieben Gemeinden in der römischen Provinz Asien, an die die Sendschreiben der Offenbarung gerichtet sind. Die christliche Gemeinde war klein und schwach und geistlich bereits erstarrt.
„So gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und halte es und tue Buße.“
(Offb 3, 3)
Laodicea
Laodicea wurde von Antiochos II. von Syrien im 3. Jh. v. Chr. gegründet und nach dessen Schwester-Gemahlin Laodike benannt. Durch Handel und Bankgeschäfte, vor allem aber durch die Herstellung von Augensalben entwickelte sich der Ort zu einer der wohlhabendsten Städte Kleinasiens.
Die Stadt hatte keine ausreichenden Quellen. Das notwendige Wasser musste mittels eines Aquädukts von 10 km entfernt liegenden heißen Quellen (Pamukkale) nach Laodicea geleitet werden, wo es lauwarm ankam.
Schon im 1. Jh. n. Chr. entstand hier eine christliche Gemeinde, die durch Epaphras, einen Mitarbeiter des Paulus, gegründet wurde. Laodicea wird in den Sendschreiben in der Offenbarung als lauwarm getadelt.
„Ach, dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“
(Offb 3, 15. 16)
Philadelphia
Philadelphia, „Stadt der Bruderliebe“, heute Alasehir, wurde im 2. Jh. v. Chr. von Eumenes II. von Pergamon gegründet. Sie entwickelte sich zu einer florierenden Handelsstadt, begünstigt durch ihre gute Verkehrslage an der Nahtstelle zwischen dem großen Zentralplateau Kleinasiens und den Küstenstädten der Ägäis. Gewerblich war sie auf Textil- und Lederproduktion spezialisiert.
133 v. Chr. gelangte Philadelphia in römische Hand. Die Stadt fiel erst 1390 n. Chr., als letzte Stadt Kleinasiens, an die Türken.
Die christliche Gemeinde in Philadelphia war eine der Gemeinden, an die die Sendschreiben der Offenbarung ging; dabei wird gegen sie als einzige kein Vorwurf erhoben.
„Siehe ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!“
(Offb 3, 11)
Bethsaida
Das ehemalige Fischerdorf am Nordende des Sees Genezareth lag in der Nähe der Jordanmündung. Jesus kam nach der Speisung der Fünftausend hierher und heilte dort später einen Blinden.
Die Apostel Petrus, Andreas und Philippus stammten aus Bethsaida. Der Wehruf über die galiläischen Städte, die keine Buße getan hatten, traf Bethsaida mit Chorazin und Kapernaum besonders nachdrücklich:
„Wehe dir Chorazin! Wehe dir Bethsaida! Wären solche Taten in Sidon oder Tyrus geschehen, wie sie bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sackund Asche Buße getan.“
(Mt 11, 21)
Tiberias
Herodes Antipas, ein Sohn Herodes I. und Landesherr Jesu, gründete 18 n. Chr. am Westufer des Sees Genezareth in der Nähe heißer Quellen die Stadt Tiberias. Er benannte sie nach Kaiser Tiberius.
Seit dem Ende des 2. Jh. n. Chr. war Tiberias Sitz des Sanhedrin, des Hohen Rats der Juden. Im 3. Jh. entwickelte sich die Stadt für rund 200 Jahre zum religiösen Zentrum des Judentums. Hier wurde der Jerusalemer Talmud (400 n. Chr.) vollendet.
Im Neuen Testament wird Tiberias nur einmal erwähnt:
„Es kamen aber andere Boote von Tiberias nahe an den Ort, wo sie das Brot gegessen hatten unter der Danksagung des Herrn.“
(Joh 6, 23)
Kapernaum
Wohl kaum ein anderer Ort im heiligen Land ist so eng mit dem Wirken Jesu verbunden wie dieses ehemalige Fischerdorf am Nordufer des Sees Genezareth. Nachdem Jesus Nazareth verließ, wohnte er in Kapernaum. In dieser Gegend berief er die ersten Jünger: Simon Petrus und seinen Bruder Andreas sowie die beiden Söhne des Zebedäus. Er lehrte in der Synagoge und heilte Besessene, Gelähmte und Verkrüppelte, auch den Knecht des Hauptmanns von Kapernaum, und erweckte die Tochter des Synagogenvorstehers Jairus vom Tode.
Auch an Kapernaum geht sein Bußruf:
„Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“
(Mt 4, 17)
Nazareth
Im Bergland von Galiläa liegt die kleine Stadt Nazareth, die erstmals im Neuen Testament bei der Ankündigung der Geburt Jesu erwähnt wird. Hier verbrachte Jesus seine Kindheit und Jugend. Nach seiner Taufe und dem Beginn seiner Verkündigung hielt er sich aber meist in der Gegend von Kapernaum auf.
Jesus wurde in seiner Heimatstadt nicht anerkannt, verließ die Stadt und kehrte nie mehr nach Nazareth zurück. Gelegentlich nannte man die Christen und auch Jesus nach seiner Vaterstadt „Nazarener“.
„Und es begab sich zu der Zeit, dass Jesus aus Nazareth aus Galiläa kam und ließ sich taufen von Johannes im Jordan… Da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“.
(Mk 1, 9. 11)
Bethlehem
In und um Bethlehem, „Haus des Brotes“, gibt es mehrere Stätten biblischer Überlieferung. Rahel, die Frau des Erzvaters Jakob, wurde hier bestattet. Ihre Grabstätte wird heute noch verehrt.
Später kehrte die verwitwete Rut mit ihrer Schwiegermutter Noomi aus Moab in deren Heimat Bethlehem zurück. Beim Ährenlesen lernte sie Boas kennen, der sie heiratete. Sie gebar ihm Obed, den Vater Isais, welcher Davids Vater ist. David wurde hier von Samuel zum König gesalbt.
Schließlich haben die Geburt Jesu, die Anbetung der Hirten, die Weisen aus dem Morgenland und der Kindermord des Herodes Bethlehem zu einem der bedeutendsten Orte der Christenheit gemacht.
„Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist“.
(Micha 5, 1)
Bethanien
Das Dorf Bethanien, „Haus der Feigen“, liegt am Ölberg, etwa 3 km von Jerusalem entfernt. Es war die Heimat der Schwestern Maria und Marta, wo Jesus öfter zu Gast war. Hier erweckte Jesus ihren Bruder Lazarus vom Tod.
Er wurde drei Tage vor dem Passahfest dort gesalbt und von da aus zog er in Jerusalem ein. Vor der Himmelfahrt führte der Auferstandene die Jünger nach Bethanien und segnete sie.
Jesus spricht zu Marta:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.“
(Joh 11, 25. 26)
Damaskus
Die uralte Stadt Damaskus liegt in einer fruchtbaren Oase am Fuße des Antilibanon. Als wichtiger Knotenpunkt für Karawanen kam sie in biblischen Zeiten zu wirtschaftlichem Wohlstand. Sie war das politische Zentrum der Aramäer, wurde von König David erobert und später von den Assyrern zerstört (732 v. Chr.). Danach ging Damaskus an die Chaldäer über, dann an die Perser und Griechen und wurde schließlich 64 v. Chr. von den Römern in Besitz genommen.
Hier entstand schon früh eine christliche Gemeinde. Auf dem Weg nach Damaskus wurde Saulus (Paulus), der die dortigen Christen verfolgen wollte, durch den Ruf Jesus bekehrt:
„Er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst.“
(Apg 9, 4)
Jericho
Die Oasenstadt Jericho, „Duftort“, gilt als eine der ältesten Städte der Welt. Ihre Siedlungsschichten reichen bis in die Zeit um 8000 v. Chr. zurück. Sie liegt 320 m unter dem Meeresspiegel.
Ausführlich schildert die Bibel die Eroberung und Zerstörung Jerichos durch die Israeliten unter der Führung Josuas (vermutlich 13. Jh. v. Chr.). Später kamen die Propheten Elia und Elisa nach Jericho. Die „Palmenstadt“ wurde wegen ihres milden Klimas und Wasserreichtums zu einer beliebten Winterresidenz verschiedener Herrscher. Als Jesus zum letzten Mal durch das Jordantal nach Jerusalem wanderte, heilte er in Jericho zwei Blinde.
„Und siehe zwei Blinde saßen am Weg; und als sie hörten, dass Jesus vorüberging, schrien sie: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarm dich unser!“
(Mt 20, 30)
Jerusalem
Die „Stadt des Friedens“ gilt Juden, Christen und Muslimen als „heilig“.
Die alttestamentlichen Überlieferungen erwähnen sie als Ort der Begegnung Abrahams mit Melchisedek, als „Stadt Davids“ und des Tempels sowie Hauptstadt des Südreiches Juda.
Im Neuen Testament ist Jerusalem der Ort, an dem Jesus „gekreuzigt, gestorben und begraben“ und von den Toten auferweckt wurde. Hier empfängt die Gemeinde am Pfingstfest den Heiligen Geist. Der Seher der Johannesapokalypse schließlich sieht das „neue Jerusalem“ vom Himmel kommen.
Der islamischen Tradition zufolge ist Jerusalem (arab. „die Heilige“) der Ort, von dem aus der Prophet Mohammed gen Himmel ritt. 1099 von den Kreuzfahrern erobert und von 1516 bis 1917 unter osmanisch-türkischer Herrschaft, ist die Stadt seit 1949 Hauptstadt des Staates Israel.
„Wünschet Jerusalem Glück! Es möge wohlgehen denen, die dich lieben! Es möge Friede sein in deinen Mauern.“
(Psalm 122, 6. 7)
Beerseba
Beerseba, Brunnen der Sieben, Schwurbrunnen, ist im Alten Testament bekannt als Ort der Patriarchen. Hier schlossen Abraham und König Abimelech von Gerar einen Vertrag, der Abraham die ungestörte Nutzung des von ihm gegrabenen Brunnens erlaubte. Abraham pflanzte dort einen Tamariskenbaum, rief den Namen des Herrn an und siedelte.
Nach der Landnahme bildete Beerseba die Südgrenze des israelischen Siedlungsraums, der nach der bekannten Redewendung „von Dan bis Beerseba“ reichte.
Gott verheißt Abraham: „Ich will dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres … und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast.“
(1. Mose 22, 17. 18)
Eben-Ezer
Eben-Ezer heißt „Stein der Hilfe“. Nach 1. Samuel 4 lagerte sich das Volk Israel bei Eben-Ezer, als es zur Zeit Samuels gegen die Philister in den Kampf zog. Die Israeliten unterlagen und holten daraufhin die Bundeslade ins Lager. Bei einem erneuten Angriff der Philister fiel sie in deren Hände und wurde nach Aschdod gebracht.
Erst zwanzig Jahre später konnte Israel unter der Führung Samuels die Philister besiegen.
„Da nahm Samuel einen Stein und stellte ihn auf zwischen Mizpa und Schen und nannte ihn ,Eben-Ezer‘ und sprach: Bis hierher hat uns Gott geholfen.“
(1. Sam 7, 12)
Sarepta
Die uralte phönizische Hafenstadt Sarepta (Zarpath) lag an der Mittelmeerküste etwa in der Mitte zwischen den bekannten phönizischen Seehandelsstädten Tyrus und Sidon. Der Ort wird schon sehr früh in ägyptischen und assyrischen Quellen genannt.
Uns ist er bekannt durch die biblische Geschichte vom Propheten Elia, der hier den verstorbenen Sohn einer Witwe wieder zum Leben erweckte:
„Und der HERR erhörte die Stimme Elias, und das Leben kehrte in das Kind zurück, und es wurde wieder lebendig. Und die Frau sprach zu Elia: Nun erkenne ich, dass du ein Mann Gottes bist und des HERRN Wort in deinem Munde die Wahrheit ist.“
(1. Kö 7, 22. 24)
Samaria
Samaria liegt im gleichnamigen Bergland und war von 880 bis 721 v. Chr. die Hauptstadt die Königreichs Israel. Ihre Eroberung durch die Assyrer beendete das Nordreich. Viele Einwohner wurden deportiert und Fremde aus Mesopotamien angesiedelt, die sich mit den zurückgebliebenen Juden zum Volk der Samariter vermischten.
Neuen Glanz gab Herodes der Stadt, die er zu Ehren des Augustus (griech. = Sebastos) Sebaste nannte. Nach der Zerstreuung der Urgemeinde in Jerusalem kamen die Jünger Philippus, Petrus und Johannes hierher.
Sie setzten sich mit dem Zauberer Simon auseinander. Er wollte für Geld einen Anteil am Heiligen Geist kaufen (daher: „Simonie“ für die Käuflichkeit geistlicher Ämter).
„Petrus aber sprach zu ihm: Dass du verdammt werdest mitsamt deinem Geld, weil du meinst, Gottes Gabe werde durch Geld erlangt.“
(Apg 8, 20)
Caesarea
Die Kaiserstadt am Mittelmeer war fast 600 Jahre lang die Hauptstadt der römischen Provinz Judäa. 22 v. Chr. baute König Herodes eine neue Stadt und gab ihr zu Ehren des Kaisers Augustus den Namen Cäsarea.
In den Jahren 26 bis 36 n. Chr. residierte hier Pontius Pilatus als Prokurator. Der Evangelist Philippus gründete in der Stadt eine christliche Gemeinde und Petrus predigte hier im Hause des Hauptmanns Kornelius.
In Cäsarea fand der Prozess gegen Paulus unter Prokurator Felix statt, der den Apostel zwei Jahre gefangen hielt und ihn dann in Ketten nach Rom sandte.
„Petrus sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm.“
(Apg 10, 34. 35)
Antiochien
Antiochien am Orontes, heute das türkische Anatkya, wurde von Seleukos I. um 300 v. Chr. als Hauptstadt seines Diadochenreichs gegründet und prachtvoll ausgebaut. Dank ihrer günstigen Lage an der Küstenstraße des Mittelmeers und des Karawanenwegs nach Mesopotamien entwickelte sie sich nach Rom und Alexandria zur drittgrößten Stadt des römischen Weltreichs.
Auf Grund der Christenverfolgung in Jerusalem zerstreuten sich Teile der Urgemeinde. Dadurch entstand hier eine neue Gemeinde. Paulus und Barnabas wurden in Antiochien in einem feierlichen Gottesdienst zum Missionsdienst ordiniert. Die Stadt wurde später Sitz eines Patriarchen, der den Patriarchen von Rom, Konstantinopel und Alexandria gleichgestellt war; sie beherbergte mehrere Kirchenkonzile.
„In Antiochia wurden die Jünger Jesu zum ersten Mal Christen genannt.“
(Apg 11, 26)
Magdala
Magdala, heute Migdal, ist die Heimat von Maria Magdalena. Nachdem sie von bösen Geistern geheilt worden war, wurde sie eine treue Jüngerin Jesu. Sie war bei der Kreuzigung zugegen, ebenso bei der Grablegung und ging zusammen mit anderen Frauen am dritten Tag zum Grab. Am leeren Grab verkündigte ihnen ein Engel, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Johannes berichtet, sie sei Jesus selbst begegnet, hätte ihn aber erst erkannt, als er sie beim Namen nannte.
„Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.“
(Joh 20, 18)
Bethphage
Das Dorf liegt östlich des Ölberggipfels bei Bethanien, nahe Jerusalem. Als Jesus bei seiner letzten Reise von Jericho nach Jerusalem hier ankam, sandte er zwei seiner Jünger in das Dorf, wo sie eine Eselin und ein Füllen fanden. Jesu saß auf diesem Füllen, als er in Jerusalem einzog.
„Du Tochter Zion, freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“
(Sach 9, 9)
Johannes Kullen
* 1787 – † 1842
Der begabte Lehrer stammte aus der bekannten Hülbener Stunden-Familie. Sein Vater begründete dort eine Bibelstunde mit weiter Wirkung. Johannes wuchs in den Umbrüchen der Französischen Revolution, der Aufklärung und der Kriege Napoleons auf.
In Neuffen erlernte er den Lehrerberuf. Als Lehrergehilfe in Lauffen am Neckar erkrankte er schwer. Wunderbar genesen, übernahm er nach einer Zeit an der Knabenschule in Metzingen zuerst die Schule und dann das Töchterinstitut im 1819 gegründeten Korntal. Als begnadeter Pädagoge achtete er auf die innere Entwicklung seiner Schützlinge. Das württembergische Stundenwesen fasste er als Gemeinschaftspfleger in den Monatskonferenzen zusammen. Seine Ernennung zum Pfarrer in Wilhelmsdorf traf am seinem Beerdigungstag in Korntal ein.
„Die seligste Badekur ist, wenn es einem vergönnt ist, sich in dem Meer des göttlichen Erbarmens unterzutauchen.“
Johannes Brenz
* 1499 – † 1570
Der Reformator Württembergs wurde in Weil der Stadt geboren. Als Theologiestudent in Heidelberg lernte er bei einer Disputation Martin Luther kennen. 1523 wurde er als Prädikant in die Reichsstadt Schwäbisch Hall berufen. 26 Jahre lang wirkte er dort, predigte und verfasste seinen berühmten Katechismus, die Auslegungen biblischer Bücher und die Kirchenordnung.
Im Interim, als der Kaiser alle reformatorischen Einrichtungen rückgängig machte, fand Brenz auch auf dem Hohenwittlingen bei Urach Zuflucht. Dort entstanden seine Auslegungen zu den Psalmen 93 und 130, die er unter dem Pseudonym „Johannes Wittlingius“ veröffentlichte.
Herzog Christoph berief ihn 1552 an die Stuttgarter Stiftskirche, wo er als Propst das reformatorische Werk durch das württembergische Bekenntnis und die Große Kirchenordnung vollendete. Seiner Landeskirche schrieb er eine ganz auf das Wort zentrierte, „milde lutherische Theologie“ ins Stammbuch.
„So gelten alleyn zwey ding: glauben und lieben.“
Anna-Magdalena Bach
* 1701 – † 1760
Die zweite Frau des Leipziger Thomaskantors wurde in der Hofmusiker-Familie Wülken in Zeitz geboren. Ihr Vater bildete sie zu einer guten Sopranistin aus. Als solche lernte sie in Köthen Johann Sebastian Bach kennen, der gerade Witwer mit vier kleinen Kindern geworden war. Sie wurde seine Frau, musikalische Partnerin und Mutter von dreizehn weiteren Kindern.
In Leipzig erlebten sie als Kantorenfamilie an der Thomaskirche das Auf und Ab zwischen musikalischen Höhepunkten, kleinlichem Finanzschacher und kollegialem Neid. Wie oft saß Anna Magdalena nachts beim Kopieren der Noten! Nach Bachs Tod 1750 verarmte sie und blieb doch innerlich frei und reich.
„Ich sah seine Musik, wie sie zur Welt kam, ich las sie, ehe irgendeines Menschen Auge sie erblickte, und Sebastian hat oft mit mir über seine Werke gesprochen.“
Graf Konrad von Urach
* um 1180 – † 1227
Als Nachkomme des Uracher Grafengeschlechts, das durch Heirat mit dem Haus Zähringen bedeutsam geworden war, trat Konrad in den geistlichen Stand. Er wurde Mönch der Zisterzienser und 1214 Abt des berühmten Klosters Clairvaux. Mit dem Abtsstab des Mutterklosters Citeaux, das dem Orden seinen Namen gab, übernahm er 1217 zugleich die Oberleitung aller sich damals stark ausbreitenden Zisterzienserklöster. 1219 erhielt er die Würde eines Kardinals.
Bei seinem letzten Besuch in der Uracher Heimat 1226 leitete er die Gründung des Klosters Güterstein in die Wege. In seinem Todesjahr gehörte er zu den Kandidaten für die Papstwahl. Aus dem kleinen Urach stammend, gestaltete er die große mittelalterliche Welt mit.
„Sooft er eine Stunde für die Einsamkeit retten konnte, gab er sich der Betrachtung göttlicher Dinge hin. Nach Belieben konnte er sich ganz den weltlichen Geschäften und gleich darauf, nicht minder voll, den geistlichen Dingen widmen.“
(Der Dominikaner Thomas von Cantimpré [um 1201 bis um 1270] über Graf Konrad)
Eduard Mörike
* 1804 – † 1875
Der in Ludwigsburg geborene Dichter und Pfarrer war als Schüler des ersten Jahrgangs 1818-22 im Seminar Urach, wo ihm zwar insgesamt ein schlechtes Zeugnis, jedoch in Poesie immerhin „Erfindung und Gewandheit, bes. im Teutschen“ bescheinigt wurden. Hier gewann er Freunde fürs Leben.
Nach dem Vikariat, u.a. in Owen/Teck und Ochsenwang, wurde Mörike 1834 Pfarrer in Cleversulzbach, ließ sich jedoch bereits 1843 pensionieren.
Der Wortkünstler war ein Grenzgänger; seine Verse klingen zwischen Tragik und Komik.
„Bin herauf zu dir gekommen, wo ich oft der Welt vergaß, Gerne sinnend bei dem frommen roten Kerzenschimmer saß. Weil ich drunten mich verliere in dem Treiben bang und hohl, Schließe dich, du kleine Türe, und mir werde wieder wohl!“
(aus dem Gedicht „In der Hütte am Berg“ auf Mörikes Uracher Hütte „Sorgenfrei“)
Else Breuning
* 1905 – † 1999
Die Theologin erlitt und erstritt mit einigen Gefährtinnen den Zugang der Frauen zum Pfarramt. Nach dem Studium durfte sie nur „Höher geprüfte kirchliche Religionshilfslehrerin“, später „Pfarrgehilfin“ werden. Erst in den Kriegsjahren mit ihrem Pfarrermangel konnte sie die Pfarrei in Ottmarsheim versehen. Davor und danach bildete sie in Ludwigsburg und Denkendorf Gemeindehelferinnen aus.
Mit der Einführung der Frauenordination und der Gleichstellung der Frauen im Pfarramt wurde auch ihr der Titel „Pfarrerin“ verliehen, 1968, als sie gerade in den Ruhestand trat. 30 Jahre lang leitete sie den württembergischen Theologinnenkonvent und setzte sich als Vertrauensvikarin (!) für die Rechte ihrer Amtsschwestern ein.
„Männern ist der Zutritt verboten.“
Schild an der Tübinger Schlosskirche während der Examenspredigt von Else Breuning 1929, das auch ihrem eigenen Vater galt!
Primus Truber
* 1508 – † 1586
Der Reformator wird auch der „slowenische Luther“ genannt. Geboren bei Ljubljana (Laibach) in Slowenien, studierte er in Salzburg und wurde Domherr in seiner Heimatstadt. Er schloss sich der Reformation an und musste deshalb fliehen. Zunächst kam er nach Nürnberg, dann als Pfarrer in die Reichsstädte Rothenburg ob der Tauber und Kempten.
Er übersetzte die Bibel und den Katechismus ins Slowenische und Kroatische. Für den Druck wurden erstmals slowenische Schriftzeichen hergestellt. 1560 entstand mit Unterstützung des geflohenen Adeligen Hans Ungnad von Sonneck im Stift Urach die erste internationale Bibeldruckerei. 30 000 slowenische und kroatische Bibeln und Katechismen wurden hier gedruckt. Truber bekam die Pfarrei in Urach übertragen. Des Reformators Werk ist in Slowenien und der Kraina nicht vergessen.
„Ein Mensch, der das Wort Gottes liebt, gerne hört und ihm vertraut, kann zu keiner besseren, nützlicheren Weisheit gelangen und keinen edleren Besitz haben. Sie führen den Menschen aus der gegenwärtigen Armut in den Himmel.“
(aus: Predigt über den Glauben, 1550)
Herzog Christoph
* 1515 – † 1568
Der im Uracher Schloss geborene Regent floh mit seiner Mutter, Sabine von Bayern, vor seinem Vater Herzog Ulrich und wuchs an den Höfen von Innsbruck, München und Paris auf, bis er 1542 die Statthalterschaft von Mömpelgard übertragen bekam.
1544 verheiratete er sich mit Anna-Maria von Brandenburg-Ansbach, die zwölf Kinder zur Welt brachte. Ab 1550 regierte Christoph in Württemberg. Mit der Berufung von Johannes Brenz als Propst an die Stuttgarter Stiftskirche und der Großen Kirchenordnung 1559 vollendete er die Reformation und gestaltete für lange Zeit das evangelische Württemberg.
Zeitlebens erfreute sich der sonst so maßvolle Regent an Essen und Trinken, zuweilen, seiner Zeit durchaus gemäß, auch über die Maßen!
„Hier schicke ich dir ein Fass voll Metzinger Weines, denn der Brackenheimer ist erfroren; bedenke im Guten: Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen!“
An Herzog Albrecht von Bayern, 1554
Graf Eberhard
* 1445 – † 1496
Der im Uracher Schloss geborene Regent wurde zum Gestalter des Herzogtums. Er baute die Residenz Urach aus, stabilisierte die Ständepolitik und holte zum geistigen Aufbau die Brüder vom gemeinsamen Leben ins Land.
Als junger Mann zog er 1468 zu einer Wallfahrt ins Heilige Land. 1474 verheiratete er sich mit Barbara Gonzaga von Mantua. Die seit 1442 geteilte Grafschaft vereinte Eberhard wieder im Münsinger Vertrag von 1482. Als Anerkennung wurde er 1495 zum ersten Herzog Württembergs erhoben. Auf seine Initiative wurde 1477 die Universität Tübingen gegründet. Er führte das Land in die Neuzeit.
„Eberhard, der mit dem Barte, Württembergs geliebter Herr, Sprach: Mein Land hat kleine Städte, trägt nicht Berge silberschwer; Doch ein Kleinod hält’s verborgen: Dass in Wäldern noch so groß Ich mein Haupt kann kühnlich legen jedem Untertan in Schoß.“
(Lied: Preisend mit viel schönen Reden, aus: Justinus Kerner, Der reichste Fürst, 1818)
Hildegard von Bingen
* 1098 – † 1179
Die große Mystikerin wurde bei Alzey am Rhein geboren und als zehntes Kind ihrer Eltern für den geistlichen Stand bestimmt. Als Benediktinerin zog sie in das Kloster Disibodenberg an der Nahe. Früh wurden ihre Begabungen und auch ihre Originalität deutlich. Aus ihren Visionen, in ihrem Werk „Scivias“ („Wisse die Wege“) beschrieben, inspirierte sie Theologie, Heilkunde und Musik. Den Schöpfer und seine Schöpfung sah sie als Einheit und Kraft.
In der Botanik und Astronomie erkannte sie seine Ordnung im Kleinen und Großen. Den Mächtigen redete sie ins Gewissen. Mit den Weisen tauschte sie sich aus. Um 1147 gründete sie Kloster Rupertsberg bei Bingen und 1165 Kloster Eibingen bei Rüdesheim, wo sie auch begraben wurde. Auf ihren großen Predigtreisen kam sie 1170 auch in die Klöster von Hirsau, Maulbronn, Kirchheim/Teck und Zwiefalten.
„Der Mensch baue seinen Leib als ein wohnliches Haus, damit die Seele gern darin wohnt.“
Albrecht Goes
* 1908 – † 2000
Bei den Büchern ist er zu Hause, der schwäbische Pfarrer und Schriftsteller. Ab 1922 war er Seminarist in Schöntal und Urach. Nach seinem Theologiestudium verheiratete er sich mit Elisabeth Schneider (1911-2007); ihnen wurden drei Töchter anvertraut.
Als Pfarrer in Unterbalzheim und Gebersheim pflegte Goes die württembergische Wortkultur, daheim in der „Vierfalt“ von Musik, Dichtung, Theologie und Politik („Menschensorge“). Seine Erlebnisse als Soldat und Seelsorger im Krieg verarbeitete er in Erzählungen wie „Unruhige Nacht“ (1949) oder „Das Brandopfer“ (1953).
Goes gehörte zu den ersten, die das Unrecht an Menschen jüdischen Glaubens thematisierten. „Aber zuweilen muss einer da sein, der gedenkt.“ (aus „Das Brandopfer“) Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber war sein Freund, Mörike und Mozart nannte er seine nächsten Gefährten. Ab 1953 war Goes freier Schriftsteller mit einem Predigtauftrag in Stuttgart. Seine aus biblischen Wurzeln gewonnenen Worte wirken weiter.
Johanna Stöffler
* 1885 – † 1982
Der gute Geist der legendären „Pfarrbräuterüstzeiten“ in Württemberg war eine Schwester des Elberfelder Evangelisten Wilhelm Busch, verwandt auch mit der Familie Kullen.
Als Pfarrfrau in Köngen begründete sie in nationalsozialistischer Zeit den Köngener Mädchentag mit bis zu 1500 Teilnehmerinnen. Auch die Frauenarbeit lag ihr am Herzen. Ihre Bibelarbeiten wirkten weit. Den mutigen Einsatz der Eltern in der Bekennenden Kirche trugen auch die sechs Kinder mit. Eine Tochter durfte deshalb kein Abitur machen, ein Sohn ist im Krieg gefallen.
Prägend für viele Frauen wurden Johanna Stöfflers so einfühlsame wie tatkräftige Schulungen für „Pfarrbräute“ im Luizhausener Pfarrhaus. Dabei erwies sie sich auch als Meisterin der einprägsamen Bonmots: „Man muss die Gemeinde lieben, aber man muss nicht so sein, wie sie will!“ Deutlich gab die zeitlebens herzkranke Frau ihres Herzens Kraftquelle an:
„Wir haben einen Herrn, den König Jesus Christus, und in ihm haben wir alles: Wir sind geliebt – Wir sind getragen – Wir sind geführt – Wir sind gerettet.“
Eugen Stöffler
* 1886 – † 1955
Der schwäbische Theologe aus Oberjesingen wurde nach einer Zeit beim Evangelischen Presseverband 1916 Pfarrer in Tuningen und 1927 in Köngen. Er verweigerte den Treueid auf den Führer und schloss sich der Bekennenden Kirche an. 1947 bis 1953 war Eugen Stöffler Dekan in Kirchheim/Teck.
Familie Stöffler pflegte ein gastliches Pfarrhaus, das auch zum Schutzraum für verfolgte Menschen jüdischen Glaubens wurde. Eine „württembergische Pfarrhauskette“ vermittelte die Flüchtlinge heimlich weiter. Die Gedenkstätte Jad Vashem in Jerusalem zeichnete Johanna und Eugen Stöffler deshalb 1998 als „Gerechte unter den Völkern“ aus.
„Keiner in Württemberg (…), der nicht wusste (…) von der sagenhaften Hilfsbereitschaft des kleinen rundlichen Pfarrers mit der immer weißen (…) Krawatte und der ewigen Zigarette. Ein Mann, den nichts aus seiner heiteren Ruhe bringen konnte, auch nicht die Aussicht, wegen der Beherbergung von Juden ins Konzentrationslager zu kommen.“
Max Krakauer, der mit seiner Frau in württembergischen Pfarrhäusern versteckt wurde, in: Lichter im Dunkel, 1947
Helmut Claß
* 1913 – † 1988
Als württembergischer Landesbischof (1969 — 1979) und Ratsvorsitzender der EKD (1973 — 1979) hatte Helmut Claß in einer Zeit zunehmender Polarisierung im Protestantismus kirchenleitende Verantwortung übernommen.
Der Lehrersohn aus Geislingen an der Steige, der Krieg und Gefangenschaft als „besondere Hochschule“ bezeichnete, war zuvor Landesjugendpfarrer und theologischer Leiter der Evangelischen Diakonieschwesternschaft Herrenberg gewesen. Bei ihm verband sich ein bodenständiger schwäbischer Pietismus mit ökumenischer Weite und diakonischer Wachsamkeit für die Herausforderungen der Zeit. So führte er den Flügeln der Kirche die verbindende Mitte vor Augen. Er sah in Stift Urach den durch seine Tradition geistgewirkten Ort, das Einkehrhaus der Landeskirche zu gründen.
„Dreierlei ist mir im Laufe meines Lebens als das Wesentliche vor Augen getreten: Die Heimkehr ins Wort, die Hinkehr zur Kirche, die Umkehr zur Welt.“
Regina Jonas
* 1902 – † 1944
Am 3. August 1902 in Berlin geboren, studierte Regina Jonas an der dortigen Hochschule die Wissenschaft des Judentums. Im Sommer 1930 bestand sie die Abschlussprüfung, wurde jedoch erst 1935 durch den Offenbacher Rabbiner Dr. Max Dienermann zur Rabbinerin ordiniert. Damit war sie die erste in Deutschland praktizierende Rabbinerin und die erste ordinierte Rabbinerin weltweit.
In Berlin zunächst als Religionspädagogin der jüdischen Gemeinde tätig, übernahm sie nach 1938 im Umland auch Predigtaufgaben. Nach ihrer Deportation ins KZ Theresienstadt im November 1942 wirkte sie dort weiter als Seelsorgerin, Predigerin und durch Vorträge. Am 12. Dezember 1944 wurde Regina Jonas in Auschwitz ermordet.
„Ich kam zu meinem Beruf aus dem religiösen Gefühl, dass Gott keinen Menschen unterdrückt, dass also der Mann nicht die Frau beherrscht …“
Katharina von Bora
* 1499 – † 1552
Als Tochter einer Familie des sächsischen Landadels vermutlich am 29. Januar 1499 geboren, wuchs Katharina von Bora seit 1504 in Klöstern auf, die längste Zeit bei den Zisterzienserinnen in Nimbschen bei Grimma.
Nach ihrer Flucht aus dem Kloster heiratete sie im Sommer 1525 Martin Luther. Sie wurde Mutter von sechs Kindern und stand dem Haushalt im ehemaligen Augustinerkloster zu Wittenberg vor, bewirtschaftete die umfangreichen Ländereien und sorgte für das Auskommen der Familie und die Bewirtung zahlreicher Gäste. Nach Luthers Tod in wirtschaftliche Not geraten, musste Katharina Wittenberg mehrmals verlassen. Auf der Flucht vor der Pest verunglückte sie vor den Toren Torgaus und starb dort am 20. Dezember 1552.
Aus einem Brief Luthers an seine Frau: „Meiner freundlichen lieben Hausfrau Katharina Luther von Bora, Predigerin, Brauerin, Gärtnerin und was sie mehr sein kann. Gnade und Friede!“
Charlotte Essich
* 1912 – † 2010
Am 18. April 1912 in Oberndorf am Neckar geboren, studierte Charlotte Essich von 1931 bis 1936 Evangelische Theologie in Tübingen, Rostock, Bonn und Erlangen und engagierte sich schon während des Studiums bei der Bekennenden Kirche.
Ihrem Fakultätsexamen 1936 schloss sich eine kirchliche Beschäftigung als „Praktikantin“ und „Pfarrgehilfin“ und ab 1940 eine Krankenpflegeausbildung an.
1944 kann sie die Zweite Kirchliche Dienstprüfung ablegen, darf sich einen Talar umschneidern lassen und predigen.
Von 1945 bis 1948 arbeitete Charlotte Essich an der Michaelskirche in Schwäbisch Hall, von 1948 bis 1974 war sie beim Evangelischen Gemeindedienst in Stuttgart in der Abteilung Frauenhilfe tätig. Erst 1968 darf sie den Titel „Pfarrerin“ führen.
In ihrer Arbeit mit Frauen stand die Bibelarbeit im Zentrum – und die Ermutigung zu Hoffnung und Freiheit.
Am 18. Juli 2010 starb Charlotte Essich in Tübingen.